28.06. - 06.07.2019 Studienfahrt nach Ober- und Niederösterreich - eine Zeitreise durch 130 Jahre Bahngeschichte

28.06. bis 06.07.2019 Schmalspurig und normalspurig durch Nieder- und Oberösterreich
Eine Zeitreise durch gut 130 Jahre Bahngeschichte – Organisation und Reiseleitung: Roland Braun
Rückblick von Dr. Peter Hartmann
2012 waren die Verkehrsfreunde – mit geringfügigen Grenzüberschreitungen – im österreichischen Bundesland Salzburg unterwegs. Entgegen ursprünglichen Plänen hat es nun wieder 7 Jahre gedauert, bis wir erneut der Alpenrepublik und ihrer vielfältigen Bahnlandschaft einen Besuch abgestattet haben.
Dieses Mal waren die östlich anschließenden Bundesländer Ober- und Niederösterreich unser Ziel, so dass wir nun insgesamt die Großregion von Salzburg bis fast vor die Tore von Wien erkundet, genossen und fotografisch „bearbeitet“ haben. Man kann wohl mit Recht sagen, dass das verbindende Glied zwischen den beiden überaus erfolgreichen Studienfahrten eigentlich die Salzkammergutbahn war. Sie erinnern sich: 2012 wollten wir mit einer historischen Zuggarnitur der Österreichischen Gesellschaft für Eisenbahngeschichte (ÖGEG) vom, an der Westbahn gelegenen Attnang-Puchheim bis nach Obertraun nahe dem Hallstätter See fahren, jedoch machte uns ein Bombenfund im ersteren Bahnhof einen Strich durch die Rechnung. Roland Braun wollte den zu seinem großen Kummer ausgefallenen Programmpunkt so schnell wie möglich nachholen, aber sechs Jahre lang kam immer etwas dazwischen. Zuletzt führte noch die verzögerte Fertigstellung der durchgehenden Trambahn Gmunden – Vorchdorf zu einer Verschiebung.
In diesem Jahr konnten wir diese Traumfahrt nun in deutlich erweiterter Form und bei perfektem Fotowetter endlich nachholen. Da der planmäßige Personenverkehr im landschaftlich spektakulärsten Abschnitt entlang der Enns zwischen Selzthal und Kleinreifling auf ein Wochenend-Zugpaar „eingedampft“ ist, war unser Sonderzug von Gmunden am Traunsee bis nach Steyr eine exklusive Gelegenheit, diese Gebirgsstrecke mit ihren bautechnischen Leckerbissen und ihrer grandiosen Alpenlandschaft (Höhepunkt: der „Gesäuse-Canyon“ der Enns) im Zug und bei Fotohalten zu erleben. Konrad Müller brachte es so auf den Punkt: Eigentlich müssten wir für den seinerzeitigen Bombenfund dankbar sein, denn so konnten wir nun auch die besonders sehenswerten Streckenteile befahren, die damals nicht in unseren Reiseplan passten.Aber der Reihe nach:
Die Anreise von Stuttgart mit IC und Railjet nach Attnang-Puchheim verlief planmäßig und entspannt. Hier teilten sich zum ersten Mal die Geister: Die fotofixierten Teilnehmer bestiegen den Begleitbus, die Liebhaber des Zugfahrens gelangten mit einem Regionalzug ins östlicher gelegene Lambach, wo das Fahrtprogramm des ersten Tages begann. Dieses, mittlerweile jahrelang etablierte und perfektionierte Zusammenspiel der unterschiedlichen Vorlieben bestimmte mit Unterbrechungen alle weiteren Tage der Studienfahrt. Der Verfasser dieser Zeilen ist ein Exponent des Zugfahrens und kann die Erlebnisse unseres Fahrprogramms daher überwiegend nur aus dieser Perspektive wiedergeben.
Der auch für diese Studienfahrt vorgesehene illustrierte ausführliche Fahrtbericht wird durch die zahlreichen Fotos und deren Erläuterung indessen auch die mit dem Bus angesteuerten Fotostellen dokumentieren. An dieser Stelle sei aus der eigenen Erfahrung nur angemerkt, dass auch beim Verzicht auf Bustransport auf dieser Studienfahrt unzählige wunderbare Bilder entstehen konnten. Nicht zuletzt das durchweg sonnige Wetter hat dazu beigetragen, dass die Fotoausbeute nichts zu wünschen übrigließ.
Die ersten beiden Tage – Freitag und Samstag – waren der Firma Stern & Hafferl in Gmunden gewidmet, die früher gelegentlich wegen ihres zusammengewürfelten Fahrzeugparks belächelt wurde, mittlerweile aber mit den 11, ab 2016 beschafften Tramlink-Niederflur-Gelenktriebwagen von Stadler Valencia (zuvor Vossloh-Kiepe) über hochmodernes rollendes Material verfügt. Diese Schmalspurfahrzeuge wie auch die noch vorhandenen normalspurigen Triebwagen verschiedener Provenienz (u.a. Extertalbahn!) werden neuerdings in einer neugebauten, eindrucksvollen Wagen- und Werkstatthalle in Vorchdorf-Eggenberg unterhalten, die wir am Freitagnachmittag im Rahmen einer Führung besichtigen konnten.
Dorthin gelangten wir auf der normalspurigen Lokalbahn von Lambach in einem Zug der ehemaligen Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn. Die Fortsetzung der Fahrt erfolgte in einem der erwähnten schmalspurigen Tramlink-Züge auf der modernisierten ehemaligen Lokalbahn Vorchdorf – Gmunden, die seit letztem Jahr nach Fertigstellung der Traunbrücke in Gmunden durch das Stadtgebiet bis zum ÖBB-Bahnhof Gmunden (an der Salzkammergutbahn) durchgebunden ist.
Am nächsten Tag konnten wir dann die schmalspurige Strecke sowohl über Land wie auch im Stadtgebiet mit historischen und modernen Triebwagen ausführlich befahren und fotografisch dokumentieren. Das am Marktplatz und Seeufer gelegene Traditionshotel „Schwan“ war zwei Nächte unser stilvolles und komfortables Quartier. Das wundervolle See- und Bergpanorama ließ wohl bei manchem den Wunsch nach einer Rückkehr in diese schöne Urlaubslandschaft mit einem Hauch K.u.K.-Nostalgie wach werden.
Der dritte Tag – Sonntag – brachte mit der 234 km langen Sonderzugfahrt von Gmunden nach Steyr einen ersten Höhepunkt unserer Studienfahrt – allerdings auch, was die Temperaturen von rund 35° anging! Der von der ÖGEG gestellte Zug bestand aus der leuchtend orange-rot lackierten Altbau-Ellok 1245 518 (Baujahr 1938) und drei grünen Personenwagen: zwei Schlierenwagen nach Schweizer Muster und einem 1./2.-Klasse-Wagen aus dem Eilzugwagenprogramm der DRG der 1930er Jahre (ursprüngliche Bezeichnung BCi-31). In ähnlicher Form waren in den 1970er Jahren nach der Erfahrung des Verfassers tatsächlich die Personenzüge auf der Salzkammergutbahn unterwegs.
Mit zahlreichen Stations- und Sonderhalten und einer rund zweistündigen Mittagspause in Admont brachte uns der Zug in rund 10 Stunden an unser Tagesziel, Steyr am Zusammenfluss von Enns und Steyr. Die Strecke führte zunächst im Trauntal aufwärts an den Hallstätter See, wo bei einem Fotohalt der Zug eindrucksvoll vor dem Hintergrund von Seen und Bergen in Szene gesetzt wurde. Über Bad Aussee und den 835 m hohen Sattel bei Tauplitz gelangten wir nach Stainach-Irdning ins Tal der Enns, die wir nun für den Rest der Fahrt begleiteten. Historisch gesehen ist der Abschnitt bis zum Knotenpunkt Selzthal eine, 1875 fertiggestellte Nebenlinie der ehemaligen Kaiserin-Elisabeth-Bahn (Westbahn), der folgende bis Kastenreith Teil der wenig früher gebauten Kronprinz-Rudolf-Bahn von Amstetten nach Villach.
Nach einer angesichts der Temperaturen sehr willkommenen Mittagspause in der Klostergaststätte des Stifts Admont folgte mit dem Gesäuse, dem Durchbruch der Enns durch das Kalkgebirge, die wohl spektakulärste Etappe unserer Route. Bei Johnsbach ermöglichte ein längerer Halt eindrucksvolle Fotos von unserem Zug am Fuße der tiefen Schlucht mit der grünen Enns und den bizarren Kalkfelsen im Hintergrund. Der folgende Aufenthalt in Hieflau, wo die Stichbahn nach Eisenerz abzweigt, weckte bei den Älteren Erinnerungen an die früher dort endende Erzbergbahn mit ihren Zahnrad-Dampflokomotiven.
Hieflau ist heute leider praktisch vom Personenverkehr abgehängt, denn nur an Wochenenden verkehrt dort noch ein (Ausflugs-) Zugpaar. Nach 25 km Fahrt gen Norden kehrten wir aus der Steiermark wieder nach Oberösterreich zurück, verließen bei Kastenreith in einem Tunnel die Rudolfsbahn-Linie und erreichten schließlich, immer dem Lauf der Enns mit vielen Staustufen folgend, Steyr. Das Hotel Minichmayer, das für die nächsten zwei Nächte unser Quartier war, liegt direkt gegenüber der Mündung der Steyr in die Enns, und wer Glück hatte, blickte aus dem Zimmerfenster auf den Zusammenfluss und die Häuser, Kirchen und Brücken sowie die Burg an den Ufern – und hörte das Rauschen der Flusswehre.
Die nächsten beiden Tage – Montag und Dienstag – waren hauptsächlich zwei musealen Reststrecken ehemals bedeutender 760 mm-Bahnen gewidmet: Zunächst war der erhaltene 16,5 km lange Abschnitt Steyr Lokalbahnhof – Grünburg der ursprünglich über 60 km bis nach Klaus an der Pyhrnbahn führenden Steyrtalbahn unser Ziel. Die ÖGEG, die die Museumsbahn betreibt, setzte für unseren Sonderzug ab Grünburg die älteste österreichische Schmalspurdampflok 298.102 (ex St.B. Nr. 2. Kraus 1888) mit einer GmP-Garnitur ein. Nachdem es bei einer ersten Fahrt zum 5 km entfernten Haltepunkt Sommerhubermühle zu Reibereien mit der Müllerin gekommen war und auch die Lok selbst einige Mucken zeigte, verlief die spätere Fahrt nach Steyr Lokalbahnhof aber reibungslos und gab Gelegenheit zu vielen Fotohalten. Mittags trennten sich die Hardcore-Fotografen und die Teilnehmer, die an der Stadtführung teilnehmen wollten. Bereits waren Vorboten eines Gewitters zu erkennen, das die schwüle Hitze beenden sollte. Während die hochinteressante und kurzweilige Stadtführung trotz Donnergrollen und erster Regentropfen aber noch planmäßig über die Bühne ging, musse die Rückfahrt des Fotozuges vor Grünburg wegen Unwettergefahr beschleunigt beendet werden. Dessen Teilnehmer trugen es mit Fassung, hatten sie doch unzählige Fotos bereits „im Kasten“.
Der Besuch der zweiten Schmalspur-Museumsbahn war in den Bus- und Bahn-Transfer von Steyr zu unserem dritten Standort, St. Pölten, eingebaut. Eigentlich hatte Roland Braun auch noch das am Wege liegende Reststück Waidhofen an der Ybbs – Gstadt der ursprünglich 71 km langen Ybbstalbahn mit der charakteristischen Stahlbrücke in Waidhofen als Fotoobjekt eingeplant. Wegen Bauarbeiten ruhte dort aber der Betrieb. So mussen wir uns mit einigen abgestellten Schmalspur-Fahrzeugen und einem Blick auf den Planbetrieb im ÖBB-Bahnhof, sowie einem kurzen Halt am Viadukt in Waidhofen (ohne Zugüberfahrt) begnügen.
Dann brachte uns unser Bus über Gresten (Endpunkt des für einen dortigen großen Metallbetrieb ab Wieselburg a.d. Erlauf auf Normalspur umgebauten Teilstücks einer Seitenlinie der Mariazellerbahn) nach Kienberg-Gaming. An diesem östlichen Ende hatte die Ybbstalbahn mit einer Strecke von Pöchlarn Anschluss an das ÖBB-Normalspurnetz. Leider wurde letztere bis Scheibbs verkürzt, und von der Eisenbahn ist heute nur der Museumsbetrieb Kienberg-Gaming – Lunz am See des Vereins Bergstrecke Ybbstalbahn übriggeblieben. Eine Besichtigung von dessen abgestellten Fahrzeugen musste uns über das etwas triste Bild des aufgelassenen Bahnhofs hinwegtrösten, bevor sich unser Sonderzug nach Lunz und zurück sich in Bewegung setzte.
Unser Sonderzug war mit der 2093.01, einem technikgeschichtlich bedeutenden Triebfahrzeug bespannt. Diese dieselelektrische Lokomotive wurde als Einzelstück 1927 von der Grazer Waggonfabrik und der AEG gebaut und bei den BBÖ als 2070/s eingereiht. Der Veteran beförderte mit seinen nur 200 PS Leistung unseren leichten Sonderzug ziemlich mühelos über die landschaftlich sehr reizvolle Bergstrecke mit ihrer Maximalsteigung von 31‰ nach Lunz am See (und noch ca. einen km weiter) und wieder zurück. Zahlreiche Fotohalte erfreuten die Fotografen; am spektakulärsten vielleicht derjenige am trestleartigen Hühnernest-Viadukt.
Am späten Nachmittag brachte uns unser Bus zur heutigen Endstation Scheibbs der Erlauftalbahn, von wo aus wir mit zwei Dieseltriebwagen der Reihe 5047 nach Pöchlarn an der Westbahn fuhren, um schließlich unser drittes Standquartier, die niederösterreichische Landeshauptstadt St. Pölten, zu erreichen.
Wenn man bei dieser mit begeisternden Erlebnissen gespickten Studienfahrt überhaupt von einem zweiten Höhepunkt sprechen kann, dann war es nach Meinung des Verfassers der sechste Reisetag, Mittwoch, der uns mit Planzügen und der historischen „Ötscherbär“-Garnitur von St. Pölten über die Mariazellerbahn in den gleichnamigen steiermärkischen Wallfahrtsort führte. Dafür hat er zwei Gründe: Zum einen die herrliche Berglandschaft und die Trassierung dieser Bahn mit der berühmten Doppelkehre oberhalb von Laubenbachmühle, zum anderen die Verwandlung der schon fast abgeschriebenen Bahn durch umfassende Modernisierung von Infrastruktur und Fahrzeugen in ein attraktives, zeitgemäßes Verkehrsmittel.
Zwei Neuerungen seien hervorgehoben: die unglaublich großzügige, architektonisch brillante neue Bahnhofsanlage Laubenbachmühle mit ihrer geradezu großstadtmäßigen freitragenden Hallenkonstruktion und Abstell- und Werkstattgebäuden und die 9 Gelenktriebwagen von Stadler Rail, (Baujahr 2012 ff), die die Niederösterreichische Verkehrsorganisation (NÖVOG) unter dem Namen „Himmelstreppe“ vermarktet.
Zwei Neuerungen seien hervorgehoben: die unglaublich großzügige, architektonisch brillante neue Bahnhofsanlage Laubenbachmühle mit ihrer geradezu großstadtmäßigen freitragenden Hallenkonstruktion und Abstell- und Werkstattgebäuden und die 9 Gelenktriebwagen von Stadler Rail, (Baujahr 2012 ff), die die Niederösterreichische Verkehrsorganisation (NÖVOG) unter dem Namen „Himmelstreppe“ vermarktet.
Auch ausgesprochene Nostalgiker müssen den Qualitätssprung in puncto Laufruhe, Beschleunigung und Komfort anerkennen, den diese Fahrzeuginnovation zusammen mit offensichtlichen Oberbausanierungen mit sich bringt. Man konnte kaum glauben, dass man nach wie vor auf der sehr schmalen 760 mm-Spur fuhr und bedauerte, dass andere Bahnen des einst so umfangreichen österreichischen Schmalspurnetzes solche Modernisierungschancen nicht erhalten haben. Man stelle sich die Salzkammergut-Lokalbahn mit einem vergleichbaren Standard vor! Was unsere Reiseleitung in Zusammenarbeit mit den NÖVOG-Verantwortlichen auf der Sonderzugfahrt an Fotomöglichkeiten auf die Beine gestellt hat, grenzt ans Wunderbare. Ein Name ist hier mit Dankbarkeit zu nennen: der des Leiters der NÖVOG-Betriebsplanung, Johannes Schendl. Er hat uns auf allen Fahrten im Bereich seiner Gesellschaft begleitet und – selbst leidenschaftlicher Schienenverkehrsfreund – unzählige Fotohalte organisiert und überwacht. Seine Allgegenwart und Umsicht waren bewundernswürdig.
Ein Wermutstropfen an diesem Tag war die Tatsache, dass wegen mangelnder Verfügbarkeit des Verantwortlichen die geplante Besichtigung und Bereisung der Museumstramway Mariazell – Erlaufsee mit ihren historischen Fahrzeugschätzen ausfallen musste. Für manchen vielleicht ein weiterer Grund, auf die Mariazellerbahn zurückzukehren – und dann auch den ca. 20 Minuten vom Bahnhof entfernten Wallfahrtsort mit seiner imposanten Basilika selbst zu besuchen. Der Chronist kann bestätigen, dass man dort besonders köstliche Lebkuchen backt. Am späten Nachmittag dieses Tages gab es noch Gelegenheit zu einer Führung durch St. Pölten, in deren Mittelpunkt das barocke Erbe der Stadt stand und an der eine größere Gruppe von Verkehrsfreunden teilnahm.
Der folgende Donnerstag war erneut ein Transfertag, in den ein Sonderfahrt-Programmpunkt eingebettet war. Bevor wir uns nämlich am späten Nachmittag von Krems aus auf etwas verschlungenen Wegen (s. unten) nach Gmünd NÖ, unserem letzten Standquartier, aufmachten, sollte das niederösterreichische Teilstück von Krems bis Emmersdorf der 108 km langen Donauuferbahn (Krems – Mauthausen) mit einem NÖVOG-Sonderzug befahren werden.
Politische Engstirnigkeit findet man offenbar auch in Österreich: Im westlich angrenzenden Bundesland Oberösterreich gibt es planmäßigen Personenverkehr auf der Strecke, in Niederösterreich wurde deren Mittelstück stillgelegt und abgetragen. Krems – Emmersdorf wird von der NÖVOG im Saisonverkehr viermal täglich mit, von der Vogtlandbahn erworbenen Siemens/DUEWAG Regio-Sprinter Dieseltriebwagen bedient, und ein solcher goldfarben (!) lackierter Vierachser (Achsfolge: A’2’A’) figurierte auch als unser Sonderzug. Es war denn wohl auch weniger das Fahrzeug als die reizvolle Umgebung, die die Fotografen bei zahlreichen – und oft Kletterfähigkeit erfordernden – Fotohalten unermüdlich ausschwärmen ließ.
Nicht umsonst steht das als Wachau bezeichnete weite Donautal mit seinen malerischen Orten und Weinbergen auf der UNESCO Weltkulturerbe-Liste. Verglichen mit dem Rhein, hält sich der Schiffsverkehr auf diesem Donauabschnitt in Grenzen, er kam aber als Hintergrund für unsere Zugaufnahmen zuweilen ins Spiel. Wer, wie der Verfasser dieser Zeilen, einen Teil der Rückfahrt im Planzug machte, konnte in einem der hübschen Orte an der Strecke (in seinem Fall war es Spitz) eine erholsame Mittagspause einlegen und etwas Lokalkolorit schnuppern, bevor es gemeinsam nach Krems zurückging.
Die Fahrt von Krems nach Gmünd erfolgte auf dem direktesten Weg, erforderte aber zweimaliges Umsteigen (in Horn und Sigmundsherberg). Kundige der österreichischen Eisenbahngeschichte erkennen in unserer Route Nebenlinien der ehemaligen Franz-Josefs-Bahn, die zwischen 1868 und 1874 mit den Hauptstrecken Wien FJBf – Gmünd – Budweis – Eger / Prag gebaut und 1884 verstaatlicht wurde. So wie die Hauptlinie nach Gmünd ist auch der Ast nach Krems heute elektrifiziert, die landschaftlich sehr schöne Querspange Hadersdorf – Sigmundsherberg im Tal des Flusses Kramp wird mit Dieseltriebwagen befahren. In Gmünd holte uns unser Bus am Bahnhof ab und brachte uns ins etwa 1 ½ km entfernt gelegene Hotel Sole-Felsen-Bad.
Wer wollte, konnte am Freitag, dem vorletzten Tag unserer Studienfahrt, den ganzen Tag mit Schmalspurzügen fahren und Schmalspurzüge fotografieren. Es wollten fast alle; einige nutzten am Nachmittag aber das Solebad. Zwei machten einen Abstecher ins rund 50 km westlich gelegene tschechische Budweis mit seiner schönen Altstadt und seinem berühmten Bier.
Das Schmalspurnetz im sogenannten Waldviertel, das in der Schlussphase des planmäßigen Dampfbetriebs in den 1980er Jahren noch Scharen von Eisenbahnfreunden anzog, schien seit der Einstellung der letzten Personenverkehrslinien im Jahr 2001 endgültig verloren. Glücklicherweise konnte die NÖVOG 2012 aber die beiden Teilnetze im Norden und Süden von Gmünd von der ÖBB übernehmen und betreibt diese seither als Touristenbahnen vom neuen, mit einem Aufwand von 8,5 Mio € errichteten Schmalspurbahnhof Gmünd aus, wo sich auch die Werkstätte der Bahn befindet. Der Fahrzeugpark umfasst neben zwei Dieselloks Reihe 2095 zwei (goldfarbig lackierte!) Triebwagen der Reihe 5090, die dieselelektrische Lok 2091.09 (Baujahr 1940) und die Stütztender-Dampfloks Mh1 und Mh4 (ÖBB-Reihe 399, Baujahr 1906).
Der Freitag war dem Nordnetz mit der Hauptstrecke ins 25 km entfernte Litschau und der 13 km langen Nebenstrecke Alt Nagelberg – Heidenreichstein gewidmet. In Alt Nagelberg laufen die beiden Streckenäste ca. 2 km nebeneinander her, und dort wurden für uns Parallel-Aufstellungen und –Ausfahrten mit dem Dampfzug und 2091-geführten Dieselzug inszeniert, an denen sich zum Schluss auch noch der planmäßige Triebwagen VT8 (ex ÖBB 5090.013) beteiligte.
Es versteht sich, dass unsere Fotografen und Filmer nicht genug von dieser Situation bekommen konnten. Auch die anschließende Fahrt nach Litschau wurde mehrfach von Fotohalten unterbrochen. Während der Dampfzug nach Gmünd zurückfuhr, blieb das Gros der Verkehrsfreunde in Alt Nagelberg und befuhr anschließend den Streckenast nach Heidenreichstein. Dieser wird nicht von der NÖVOG, sondern vom Waldviertler Schmalspurbahnverein (WSV) unterhalten, der am Streckenende sein betriebliches Zentrum hat. Die dortige Verköstigung der Teilnehmer mit einem Kesselgulasch wurde einhellig gerühmt. 
Samstag, der Rückreisetag, brachte, gleichsam als Krönung unserer Waldviertelbahn-Bereisung, am Vormittag noch eine Fahrt auf der 43 km langen Südstrecke des Schmalspurnetzes von Gmünd nach Groß Gerungs. Damit war dann auch schon die Generalrichtung nach Linz, unserem Einstiegsbahnhof nach Stuttgart eingeschlagen.

Landschaftlich ist diese, durch ein Mittelgebirge führende Strecke die schönere der beiden Schmalspurlinien, und auch betrieblich ist sie wegen ihrer Steigungen von bis zu 26 ‰ die anspruchsvollere. Manche sprechen wegen der Kurven und Brücken gar vom „Waldviertler Semmering“, nicht ganz unberechtigt. Zwischen Gmünd und dem Gipfelpunkt kurz vor Groß Gerungs überwindet die Schmalspurbahn rund 250 Höhenmeter; beim Semmering sind es zwischen Gloggnitz und dem Scheiteltunnel allerdings etwa 450.
Unsere NÖVOG V5 Diesellok (ÖBB-Reihe 2095) kam mit den Steigungen erstaunlich gut zurecht, und bei einer Reihe schöner Fotostellen und Scheinanfahrten machte das Personal die Fotografen, die ab Weitra alle gemeinsam im Zug waren, glücklich. In Groß Gerungs verabschiedeten wir uns dankbar von unseren Gastgebern mit einigen Gruppenaufnahmen und bestiegen die beiden Busse, die uns trotz einer langen Baustelle dank eines Schnellstraßenabschnitts in nur rund 1 Stunde durch das südliche Waldviertel und das anschließende Mühlviertel ins etwa 60 km entfernte Linz an der Donau brachten. Wer das Glück hatte, im Verstärkungsbus zu sitzen, erfuhr von dem lokalen Fahrer noch allerlei Wissenswertes über die uns doch eher unbekannte Region, ihre Wirtschaft und den regionalen Tourismus.
Der Linzer Hauptbahnhof hat ein beeindruckendes, geradezu futuristisches neues Empfangsgebäude im Stil einer Flughafenhalle. Einmal mehr registrierte man die enormen Verbesserungen, die das österreichische Eisenbahnwesen in den letzten Jahrzehnten erfahren hat und die mit manchen Rückständen und Vernachlässigungen in Deutschland kontrastieren. Hier verließen uns u.a. die Teilnehmer, die über Passau zurückreisten. Pünktlich um 14.36 Uhr verließ der zweiteilige Railjet nach Innsbruck und Zürich Linz Hbf und vermittelte ebenso pünktlich in Salzburg den Anschluss an den von Graz kommenden IC nach Saarbrücken. Unsere Schweizer Freunde hatten sich, da getrennt von uns platziert, ebenfalls schon in Linz verabschiedet; in München Ost und Ulm verließen uns weitere Teilnehmer.
Das Glück, das man bei Reisen mit der DB AG heutzutage haben muss, blieb uns auch bis Stuttgart treu. Fast pünktlich kamen wir am Samstagabend gegen 20 Uhr wieder am Ausgangspunkt unserer Studienfahrt an, wo allerdings noch ein kleineres Hindernis zu überwinden war: Der Fahrer unseres Kleintransporters mit unserem Gepäck hatte den von Roland Braun vorgesehenen Halteplatz vor der Kleinen Schalterhalle nicht gefunden und musste von ihm per Handy erst dorthin dirigiert werden. Dadurch kamen einige vielleicht doch erst etwas verspätet zu ihren Bahnen und Bussen und in die heimischen vier Wände. Der frohen Erinnerung an eine überaus gelungene, erlebnis- und lehrreiche Studienfahrt konnte dies keinen Abbruch tun.
Unser Dank gilt einmal mehr Roland Braun für die aufwendigen und präzisen Vorbereitungen und seine souveräne, jederzeit präsente – manchmal sicher auch aufreibende – Reiseleitung vor Ort, aber auch Dagny Jung, Bernd Katz und Rainer Vogler, die sämtlich viel Arbeit und Scharfsinn in dieses Fahrtprojekt gesteckt haben.. Dankbar sind wir ebenso den zahlreichen haupt- und ehrenamtlichen Bahnmitarbeitern in Österreich, die uns dieses grandiose Programm ermöglicht haben.
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